Historisches
Die Begriffe "Säuren" und "Basen" haben im Laufe der Entwicklung der
Chemie mehrmals tiefgreifende Wandlungen erfahren. Die Bezeichnung
"Säure" wird bereits seit vielen Jahrhunderten verwendet; sie wurde
zuerst auf saure Pflanzensäfte angewendet. Die wichtigsten
Mineralsäuren sind etwa seit 1200 bekannt; etwa bis zum 17.Jh. wurden
die Säuren allein durch ihren sauren Geschmack, ihre Wasserlöslichkeit
und ihr hohes Auflösungsvermögen charakterisiert. Den chemischen
Begriff "Säure" und "Base" findet man erstmals bei Otto Tachenius
(1666). Eine klare phänomenologische Definition des Begriffes Säure
stammt von R. Boyle: Demnach ist eine Säure ein Stoff, der mit Kreide
aufbraust, aus Schwefelleber Schwefel ausfällt, gewisse
Pflanzenfarbstoffe rötet und durch eine Base neutralisiert wird,
wodurch alle diese Eigenschaften aufgehoben werden. (Durch
Zusammenschmelzen von 1Tl. Schwefel u. 2Tl. Pottasche bei 250°C
(Luftabschluß wichtig, sonst verbrennt der Schwefel) erhält man die
sogenannte Schwefelleber (Hepar sulfuris): In frischem Zustand
lederbraune bis grüngelbe Stücke, die sich in Wasser fast vollständig
mit alkalischer Reaktion u. gelbgrüner Farbe lösen. Sie ist ein Gemisch
aus Kaliumpolysulfid, Kaliumsulfat u. Kaliumthiosulfat). Eine Säure ist
demnach eine Antibase und eine Base ist eine Antisäure (diese
Bezeichnungen sollen allerdings von Bjerrum stammen). Die Klärung des
Säure- Base- Begriffes wurde zunächst aufgrund der Molekülstruktur
versucht. Lémery äußerte die Ansicht, die kleinsten Teilchen von sauren
Stoffen hätten eine spitze Gestalt und die Basen hätten poröse
Molekeln. Die Neutralisation bestehe dann in dem Eindringen der Spitzen
in die Poren. Demnach sollte eine besondere Gestalt oder Struktur der
Molküle die Eigenschaft sauer bewirken. Auch Sir H. Davy hatte 1814 den
Gedanken geäußert, wonach eine bestimmte Anordnung der Moleküle saure
Eigenschaften bedinge. Lavoisier glaubte, den Sauerstoff als das saure
Prinzip ansprechen zu können, Liebig wies dagegen dem Wasserstoff diese
Rolle zu, allerdings nur dem Wasserstoff, der durch Metalle ersetzt
werden kann.
Nach Begründung der Ionentheorie durch Arrhenius wurde das
Wasserstoffion (der Name Proton hierfür stammt von Sir E. Rutherford)
als der alleinige Träger der Eigenschaft sauer und analog das
Hydroxidion als der alleinige Träger der Eigenschaft basisch
bezeichnet. 1909 führte Sørensen den Begriff des pH ein. In den
zwanziger Jahren setzte dann unabhängig voneinander durch Lowry in
Cambridge und Brønsted in Kopenhagen die moderne Entwicklung des
Säure-Base-Begriffes ein, der sich zunächst ausschließlich mit dem
System Wasser beschäftigte, von Brønsted anschließend aber auf Säure
Base Reaktionen in nichtwäßrigen Lösungsmitteln erweitert wurde.